Das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) ist ein zentrales Gesetz im deutschen Energierecht, das den Ausbau der Höchstspannungsnetze beschleunigen soll. Es wurde ursprünglich im Jahr 2011 erlassen und mehrfach novelliert, zuletzt durch das NABEG 2.0 im Jahr 2019. Die Hauptzielsetzung ist die schnellere, effizientere und transparentere Planung sowie Genehmigung von Übertragungsnetzen – insbesondere für die Energiewende.
1. Zielsetzung und Hintergrund des NABEG
1.1 Warum ist NABEG notwendig?
Deutschland verfolgt mit der Energiewende das Ziel, erneuerbare Energien als Hauptenergiequelle zu etablieren. Damit einhergehend wächst der Bedarf an neuen Stromleitungen, insbesondere für den Transport von Windstrom aus dem Norden in den Süden Deutschlands. Die bisher üblichen Planungs- und Genehmigungsverfahren waren jedoch komplex, zeitaufwendig und oft von Widerständen geprägt.
Das NABEG wurde eingeführt, um den Netzausbau zu beschleunigen, indem es:
- Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfacht,
- Zuständigkeiten zentralisiert,
- Klagewege verkürzt und
- die Beteiligung der Öffentlichkeit optimiert.
1.2 Rechtsgrundlagen und Einordnung
Das NABEG ist ein Bundesgesetz und greift in bestehende Rechtsgebiete ein, insbesondere:
- Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) – Regelung der Netzbetreiberpflichten,
- Netzausbaupläne (BBPlG & NEP) – Konkretisierung des notwendigen Ausbaus,
- Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) – Integration in den Planungsprozess,
- Raumordnungsrecht (ROG & BauGB) – Einbettung in Raumordnungsplanungen.
2. Wesentliche Inhalte des NABEG
Das NABEG enthält zahlreiche Regelungen zur Planung, Genehmigung und Umsetzung von Netzausbauprojekten. Die wichtigsten Bestimmungen lassen sich in folgende Kernbereiche unterteilen:
2.1 Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren
- Zentralisierung der Zuständigkeit auf die Bundesnetzagentur (BNetzA) für grenzüberschreitende und länderübergreifende Projekte.
- Einführung eines vereinfachten Bundesfachplanungsverfahrens, das landesplanerische Verfahren ersetzt.
- Frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit durch formalisierte Konsultationsprozesse.
2.2 Bundesfachplanung – Raumordnung für Stromleitungen
- Identifizierung von geeigneten Trassen durch frühzeitige strategische Umweltprüfung.
- Verbindliche Trassenkorridore, um Planungsunsicherheiten zu minimieren.
- Alternativprüfungen entfallen, sobald der Trassenverlauf festgelegt ist.
2.3 Planfeststellungsverfahren – Baurechtliche Genehmigung
- Ein einziges Planfeststellungsverfahren für mehrere Bundesländer, geführt durch die BNetzA.
- Einschränkung von Einspruchsmöglichkeiten und Klagewegen.
- Entfall von Landesraumordnungsverfahren, um redundante Prüfungen zu vermeiden.
2.4 Beschleunigung der Gerichtsverfahren
- Einführung eines einheitlichen Klageweges direkt zum Bundesverwaltungsgericht, um Instanzenzüge zu verkürzen.
- Verzicht auf aufschiebende Wirkung von Klagen in bestimmten Fällen.
2.5 Vorrangige Genehmigung von Erdverkabelung
- Erdverkabelung hat Vorrang vor Freileitungen bei neuen Projekten im Höchstspannungsbereich (insbesondere für Gleichstromleitungen).
- Ziel: höhere Akzeptanz in der Bevölkerung und Reduzierung von Klagen.
2.6 Vereinfachung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
- Kürzere Prüfzeiten, indem parallele Verfahren ermöglicht werden.
- Abschaffung doppelter Umweltprüfungen (z. B. bei Raumordnungsverfahren und Planfeststellung).
3. NABEG 2.0 – Die Reform von 2019
Das NABEG 2.0 brachte wesentliche Neuerungen mit sich, um das Gesetz noch weiter zu optimieren:
- Ausweitung der Bundesfachplanung auf alle neuen Höchstspannungsleitungen, nicht nur auf länderübergreifende Projekte.
- Beschleunigung von Genehmigungen für Netzausbauvorhaben, indem Verzögerungen durch Länderregelungen minimiert werden.
- Effizientere Beteiligungsverfahren durch Digitalisierung und vereinfachte Dokumentation.
- Automatisierte und vereinfachte Enteignungsverfahren, wenn Eigentümer nicht zustimmen.
4. Kritische Betrachtung des NABEG
4.1 Vorteile
✅ Beschleunigung des Netzausbaus durch effizientere Verfahren
✅ Zentralisierung bei der BNetzA verhindert bürokratische Verzögerungen
✅ Höhere Akzeptanz durch Vorrang der Erdverkabelung
✅ Weniger Klagewege und schnellere Verfahren
4.2 Nachteile und Kritik
❌ Kritik von Umweltverbänden, da Umweltaspekte möglicherweise zu kurz kommen
❌ Einschränkung der Bürgerbeteiligung, weil Einspruchsrechte verkürzt wurden
❌ Hohe Kosten für Erdverkabelung, die auf Netzentgelte umgelegt werden
❌ Mögliche Engpässe in Verwaltungsgerichten, da Bundesverwaltungsgericht mehr Verfahren übernehmen muss
5. NABEG
Das NABEG ist ein zentrales Instrument für die Beschleunigung des Netzausbaus und damit ein Schlüsselelement der Energiewende. Es reduziert Bürokratie, stärkt die Bundesnetzagentur als zentrale Entscheidungsinstanz und sorgt für eine zügigere Umsetzung wichtiger Infrastrukturprojekte. Gleichzeitig gibt es kritische Stimmen hinsichtlich der Einschränkung von Beteiligungsmöglichkeiten und den hohen Kosten der Maßnahmen.
Trotz dieser Herausforderungen bleibt das NABEG ein essenzielles Gesetz für die Transformation des deutschen Energiesystems.