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Energie-Krisenmanagement

Das Energie-Krisenmanagement erfordert umfassende rechtliche und operative Maßnahmen, um auf Energiemarktschocks, Preisvolatilität und Versorgungsengpässe zu reagieren.


1. Energie-Krisenmanagement: Vertiefte To-do-Listen

1.1 Vorbereitung auf die Energiekrise

  1. Risikobewertung und Szenarioanalyse:
    • Identifizierung der Abhängigkeit von Energiequellen (Gas, Strom, Wärme).
    • Erstellung von Szenarien zu Energieausfällen und Preisexplosionen.
  2. Notfallplanung:
    • Aufbau eines internen Krisenteams mit juristischer und technischer Expertise.
    • Erarbeitung von Lastmanagement-Strategien:
      • Reduktion des Energieverbrauchs in nicht kritischen Bereichen.
      • Einsatz alternativer Energiequellen (z. B. Dieselgeneratoren, Batteriespeicher).
  3. Rechtliche Sicherstellung:
    • Überprüfung von Vertragsklauseln:
      • Force-Majeure-Klauseln: Geltung bei Energieengpässen oder staatlichen Eingriffen.
      • Preisgleitklauseln: Anpassungsfähigkeit bei extremen Preisschwankungen.
    • Sicherstellung der Förderfähigkeit für Preisbremsen und Subventionen.

1.2 Maßnahmen im Krisenfall

  1. Kommunikation und Transparenz:
    • Sofortige Information relevanter Stakeholder (z. B. Kunden, Lieferanten, Behörden).
    • Abstimmung mit Netzbetreibern und Energieversorgern.
  2. Energieverbrauchsreduktion:
    • Einsatz technischer Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs.
    • Optimierung des Eigenverbrauchs durch Speichersysteme oder Eigenversorgung.
  3. Rechtliche Absicherung:
    • Geltendmachung von Preisbremsen und staatlichen Förderungen.
    • Durchsetzung vertraglicher Ansprüche bei Lieferengpässen.

1.3 Nachbereitung

  1. Dokumentation:
    • Lückenlose Erfassung aller Maßnahmen, Kosten und Einsparungen.
    • Erstellung von Berichten für Behörden oder Fördergeber.
  2. Langfristige Optimierung:
    • Anpassung von Lieferverträgen und Energiekonzepten.
    • Investitionen in erneuerbare Energien und Speichertechnologien.

2. Sicherung staatlicher Förderungen

2.1 Förderprogramme und Rechtsgrundlagen

  1. Energiepreisbremsen (EnergiePBG):
    • Deckelung der Energiepreise für Haushalte und Unternehmen (Gas: 12 ct/kWh, Strom: 40 ct/kWh).
    • Entlastung für 80 % des Vorjahresverbrauchs.
  2. KfW-Programme:
    • Kredite und Zuschüsse für Investitionen in erneuerbare Energien, Speicher und Energieeffizienz.
    • Beispiele:
      • KfW-Programm 270: Förderung von erneuerbaren Energien.
      • KfW-Programm 295: Zuschüsse für Energiespeicher.
  3. BAFA-Förderungen:
    • Energieaudits, effiziente Wärmenetze und KWK-Anlagen.
  4. Steuerliche Entlastungen:
    • Befreiung von Strom- und Energiesteuer (§ 9 StromStG, § 25 EnergieStG).

2.2 Herausforderungen bei der Antragsstellung

  1. Nachweispflichten:
    • Erforderliche Unterlagen:
      • Energieverbrauchsdaten.
      • Dokumentation von Effizienzmaßnahmen.
      • Finanzielle Nachweise.
    • Hoher Aufwand bei der Umsetzung von Förderbedingungen (z. B. Nachweis eines ISO-50001-konformen Energiemanagementsystems).
  2. Fristen:
    • Förderanträge müssen innerhalb definierter Fristen eingereicht werden (z. B. BesAR bis 30. Juni).
  3. Verzögerungen bei Auszahlungen:
    • Lange Bearbeitungszeiten durch BAFA oder KfW können Liquiditätsengpässe verschärfen.

3. Preisbremsen

3.1 Rechtsgrundlage und Mechanismen

  1. Rechtsgrundlage:
    • Energiepreisbremsengesetz (EnergiePBG) und Strompreisbremsegesetz (StromPBG).
    • EU-Verordnung 2022/1854 (Notfallmaßnahmen zur Energiepreiskontrolle).
  2. Funktionsweise:
    • Preisdeckelung für Haushalte und Unternehmen:
      • Gas: 12 ct/kWh (Haushalte), 7 ct/kWh (Unternehmen mit Verbrauch > 1,5 GWh).
      • Strom: 40 ct/kWh (Haushalte), 13 ct/kWh (Großverbraucher).
    • Gilt für 80 % des Vorjahresverbrauchs; darüber hinausgehender Verbrauch wird zu Marktpreisen abgerechnet.

3.2 Herausforderungen

  1. Abgrenzung von Verbrauchsmengen:
    • Schwierigkeit bei der Trennung von Gewerbe- und Wohnnutzung.
  2. Anwendung der Preisbremsen:
    • Unternehmen müssen den Vorjahresverbrauch korrekt melden.
    • Gefahr von Missbrauch oder fehlerhafter Berechnung durch Energieversorger.
  3. EU-rechtliche Bedenken:
    • Wettbewerbsvorteile durch Preisbremsen könnten gegen EU-Beihilferecht verstoßen.

4. Übererlösabschöpfung

4.1 Ziel und Rechtsgrundlage

  1. Ziel:
    • Abschöpfung von „Übererlösen“ bei Stromproduzenten, die durch die hohen Marktpreise entstanden sind.
  2. Rechtsgrundlage:
    • Strompreisbremsegesetz (StromPBG).
    • EU-Verordnung 2022/1854 (Preisobergrenze von 180 €/MWh für bestimmte Stromproduzenten).

4.2 Funktionsweise

  1. Betroffene Stromproduzenten:
    • Erneuerbare Energien (PV, Wind), Kernkraft und Braunkohle.
    • Nicht betroffen: Erdgas- und Steinkohlekraftwerke (aufgrund hoher Produktionskosten).
  2. Berechnung der Übererlöse:
    • Differenz zwischen dem Marktpreis und dem Preisdeckel (180 €/MWh).
  3. Abführungspflicht:
    • Abschöpfung der Übererlöse durch den Staat.

4.3 Herausforderungen

  1. Rechtsunsicherheit:
    • Unklare Kriterien für die Berechnung von Übererlösen.
    • Klagen von Produzenten gegen die Abschöpfung.
  2. Belastung von Investitionen:
    • Reduzierte Anreize für Investitionen in erneuerbare Energien.

5. Anpassung vertraglicher Lieferketten

5.1 Notwendigkeit

  1. Force-Majeure-Klauseln:
    • Überprüfung, ob Energiekrisen oder staatliche Eingriffe als höhere Gewalt anerkannt werden.
    • Neuverhandlung von Klauseln zur Haftungsbegrenzung.
  2. Preisgleitklauseln:
    • Anpassung an die steigende Preisvolatilität.
    • Einführung von Mechanismen zur Weitergabe von Preissteigerungen.
  3. Lieferverpflichtungen:
    • Begrenzung der Lieferverpflichtungen bei Versorgungsengpässen.

5.2 Rechtsfragen

  1. Kündigung und Anpassung:
    • Prüfung der Möglichkeiten zur Anpassung oder Kündigung langfristiger Lieferverträge.
    • Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 313 BGB, Störung der Geschäftsgrundlage).
  2. Haftung bei Nichterfüllung:
    • Vermeidung von Schadensersatzforderungen durch präzise Vertragsklauseln.

Insgesamt

Das Energie-Krisenmanagement erfordert eine systematische Kombination aus rechtlichen, strategischen und operativen Maßnahmen. Die Anpassung von Verträgen, die Nutzung staatlicher Förderprogramme und die Sicherstellung der Preisbremsen erfordern umfassende rechtliche und organisatorische Expertise. Unternehmen, die proaktiv handeln, können nicht nur Risiken minimieren, sondern auch Chancen nutzen, um ihre Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.