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Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist das zentrale Regelwerk zur Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland. Es bildet die rechtliche Grundlage für den Ausbau von Windkraft, Solarenergie, Biomasse, Wasserkraft und Geothermie und wurde seit seiner Einführung im Jahr 2000 mehrfach novelliert. Mit dem EEG 2023 traten wesentliche Änderungen in Kraft, die auf die Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien und die Erreichung der Klimaziele 2030 abzielen.


1. Ziele des EEG

Gemäß § 1 EEG verfolgt das Gesetz folgende Kernziele:

  1. Klimaneutralität: Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien auf 80 % des Bruttostromverbrauchs bis 2030.
  2. Klimaschutz: Verringerung der Treibhausgasemissionen.
  3. Versorgungssicherheit: Sicherstellung einer stabilen und nachhaltigen Energieversorgung.
  4. Kostenkontrolle: Effiziente Nutzung öffentlicher Mittel für die Förderung erneuerbarer Energien.
  5. Marktintegration: Schaffung eines wettbewerbsfähigen und marktgerechten Rahmens für erneuerbare Energien.

2. Grundstrukturen des EEG

2.1 Einspeisevorrang (§ 8 EEG)

  • Erneuerbare Energien genießen Vorrang bei der Einspeisung ins Stromnetz.
  • Netzbetreiber sind verpflichtet, den Strom aus erneuerbaren Quellen aufzunehmen.

2.2 Netzanschluss und Netzausbau (§§ 9–14 EEG)

  • Anlagenbetreiber haben Anspruch auf Netzanschluss.
  • Die Kosten für den Netzausbau zur Integration erneuerbarer Energien trägt in der Regel der Netzbetreiber.
  • Netzbetreiber sind verpflichtet, die Netzinfrastruktur auszubauen, um Überlastungen zu vermeiden.

2.3 Marktprämienmodell (§§ 19–22 EEG)

  • Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien wird gefördert.
  • Anlagenbetreiber erhalten eine Marktprämie zusätzlich zu den Einnahmen aus dem Stromverkauf.

2.4 Ausschreibungen (§§ 28–38 EEG)

  • Förderung von Anlagen erfolgt überwiegend über Ausschreibungsverfahren.
  • Technologien wie Windkraft und Photovoltaik unterliegen einer wettbewerblichen Vergabe der Förderhöhe.

2.5 Förderung bestimmter Technologien

  • Windenergie (§§ 35–37 EEG): Förderung für Onshore- und Offshore-Windkraft.
  • Solarenergie (§§ 48–49 EEG): Einspeisevergütungen und Prämien für Dach- und Freiflächenanlagen.
  • Biomasse (§§ 39–40 EEG): Strenge Nachhaltigkeitsanforderungen für die Förderung.
  • Wasserkraft (§ 42 EEG): Förderung vor allem für kleine Wasserkraftwerke.
  • Geothermie: Unterstützung durch Marktprämien.

2.6 Besondere Ausgleichsregelung (§§ 63–69 EEG)

  • Reduktion der EEG-Umlage für stromintensive Unternehmen, um deren internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

2.7 Abschaffung der EEG-Umlage

  • Seit dem 1. Juli 2022 wird die Förderung erneuerbarer Energien aus dem Bundeshaushalt finanziert. Die EEG-Umlage wurde abgeschafft, um die Stromkosten zu senken.

3. Wesentliche Änderungen durch das EEG 2023

Das EEG 2023 baut auf den Änderungen durch das EEG 2021 und die Abschaffung der EEG-Umlage im Jahr 2022 auf. Es beinhaltet wichtige Neuerungen zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien:

3.1 Ausbauziele

  • 80 % erneuerbare Energien bis 2030: Das EEG 2023 legt höhere Ausbauziele fest, die mit den Klimazielen der Bundesregierung in Einklang stehen.
    • Windkraft Onshore: Erhöhung der Ausbauziele auf 115 GW bis 2030.
    • Photovoltaik: Steigerung auf 215 GW bis 2030.
    • Biomasse: Begrenzter Zubau aufgrund nachhaltiger Nutzungsvorgaben.

3.2 Schnellere Genehmigungsverfahren

  • Einführung verkürzter Genehmigungsverfahren für Wind- und Solaranlagen.
  • Vorrang für erneuerbare Energieprojekte in Raumordnungs- und Bauplanungsverfahren (§§ 2, 13 EEG).

3.3 Stärkere Förderung von Bürgerenergieprojekten

  • Bürgerenergiegesellschaften erhalten privilegierte Bedingungen bei Ausschreibungen.
  • Ziel: Verbesserung der lokalen Akzeptanz und Förderung von Beteiligungsmodellen.

3.4 Innovationsausschreibungen

  • Einführung von Ausschreibungen für hybride Projekte, wie Wind-Solar-Kombinationen oder Speichertechnologien.

3.5 Differenzverträge (Contracts for Difference, CfDs)

  • Einführung eines neuen Fördermechanismus, bei dem die Differenz zwischen Marktpreis und einem garantierten Preis ausgeglichen wird.
  • Ziel: Planungssicherheit für Betreiber und Vermeidung von Überförderung.

3.6 Solarförderung

  • Anhebung der Vergütungssätze für Dachanlagen, um den Ausbau zu beschleunigen.
  • Einführung neuer Förderklassen für Balkon-Solaranlagen.

3.7 Offshore-Windenergie

  • Einführung eines gesonderten Ausbauziels für Offshore-Windenergie mit einem Ziel von 30 GW bis 2030 und 70 GW bis 2045.

4. Rechtliche Herausforderungen

4.1 Konflikte mit EU-Recht

  • Beihilferecht: Die Förderung erneuerbarer Energien muss mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar sein (Art. 107 AEUV).
  • RED II: Die EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien fordert höhere Nachhaltigkeitsstandards und Harmonisierung der Förderung.

4.2 Integration in das Stromnetz

  • Verzögerungen beim Netzausbau behindern den Zubau erneuerbarer Energien.
  • Konflikte über Kosten und Verantwortlichkeiten zwischen Netz- und Anlagenbetreibern.

4.3 Akzeptanzprobleme

  • Widerstand gegen Windkraftprojekte aufgrund von Landschaftsschutz und Anwohnersorgen.
  • Bedarf an rechtssicheren Verfahren, die Umwelt- und Klimaschutz miteinander in Einklang bringen.

4.4 Nachhaltigkeit

  • Strenge Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Biomasse und Photovoltaikanlagen, z. B. in Bezug auf die Flächennutzung.

5. Relevante Rechtsprechung

  1. EuGH, Urteil vom 21.12.2016, Az. C-573/12:
    • EEG-Umlage ist keine unzulässige staatliche Beihilfe im Sinne des EU-Rechts.
  2. BVerfG, Beschluss vom 18.07.2017, Az. 1 BvR 2533/12:
    • Die EEG-Umlage ist verfassungsgemäß und dient dem Klimaschutz.
  3. BVerwG, Urteil vom 30.06.2021, Az. 4 A 3.20:
    • Umweltverträglichkeitsprüfungen sind Voraussetzung für Genehmigungen von Windparks.
  4. EuGH, Urteil vom 10.09.2020, Az. C-405/18:
    • Förderung erneuerbarer Energien muss diskriminierungsfrei und technologieoffen sein.

6. Zukünftige Entwicklungen

6.1 Weiterentwicklung des EEG

  • Einführung sektorübergreifender Mechanismen (z. B. zur Förderung von Wasserstoff).
  • Ausbau von Bürgerenergieprojekten und Förderung der Eigenversorgung.

6.2 Europäische Vorgaben

  • Anpassung des EEG an die RED III und den europäischen Green Deal.
  • Förderung grenzüberschreitender Projekte, insbesondere im Bereich Offshore-Windenergie.

6.3 Digitalisierung

  • Ausbau digitaler Netzsteuerungen (Smart Grids) zur besseren Integration dezentraler Energiequellen.

6.4 Finanzierung

  • Diskussion über die langfristige Finanzierung der EEG-Förderung aus dem Bundeshaushalt.

7. Beratungsansätze für Energierechtler

7.1 Regulatorische Beratung

  • Unterstützung bei der Einhaltung von Ausschreibungsverfahren und Förderkriterien.

7.2 Projektentwicklung

  • Beratung zu Genehmigungsverfahren und Standortwahl für erneuerbare Energieprojekte.

7.3 Konfliktlösung

  • Vertretung in rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Anlagenbetreibern, Netzbetreibern und Behörden.

7.4 Vertragsgestaltung

  • Erstellung von Einspeiseverträgen, Differenzverträgen und Kooperationsverträgen für Bürgerenergieprojekte.

Das EEG 2023 stellt einen entscheidenden Meilenstein für die deutsche Energiewende dar. Es berücksichtigt sowohl die Anforderungen des Klimaschutzes als auch die Notwendigkeit, erneuerbare Energien effizient und marktgerecht auszubauen. Energierechtler spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben und der Entwicklung zukunftsfähiger Lösungen.