Das Recht der Stromversorger und -netze regelt die Erzeugung, Verteilung und Lieferung von Strom sowie den Zugang und Betrieb der Stromnetze. Es wird durch nationale Gesetze, europäische Regelungen und internationale Abkommen geprägt. Dieser Bereich des Energierechts ist essenziell für die Gewährleistung von Versorgungssicherheit, Marktwettbewerb und Klimaschutz.
1. Zentrale Regelungen und Gesetze
1.1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
Das EnWG ist das Kernstück der Regulierung von Stromversorgern und -netzen in Deutschland. Es regelt den Betrieb von Versorgungsunternehmen und Netzbetreibern sowie den Zugang zu den Netzen.
- Netzzugang (§§ 20–22 EnWG): Netzbetreiber müssen allen Stromanbietern diskriminierungsfreien Zugang gewähren. Hierzu gehört auch der Zugang zu intelligenten Messsystemen (Smart Metering).
- Unbundling (§ 7 EnWG): Netzbetreiber müssen rechtlich, buchhalterisch und organisatorisch von Erzeugern und Lieferanten getrennt sein.
- Netzausbau (§ 14 EnWG): Netzbetreiber sind verpflichtet, Investitionen in den Ausbau und die Modernisierung der Netze vorzunehmen.
1.2 Stromsteuergesetz (StromStG)
Das StromStG regelt die Besteuerung von Strom. Es enthält Steuervergünstigungen für energieintensive Unternehmen und stromerzeugende Anlagen mit hohem Wirkungsgrad.
1.3 EEG und KWKG
Strom aus erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird bevorzugt ins Netz eingespeist. Netzbetreiber müssen diese Einspeisung gewährleisten und die Kosten auf alle Nutzer umlegen.
1.4 Europäische Regelungen
- EU-Verordnung 2019/943: Harmonisiert die Regeln für den Strombinnenmarkt und stärkt den Wettbewerb.
- Gas- und Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (2009/72/EG): Fördert die Marktöffnung und Unbundling.
- TEN-E-Verordnung: Regelt den Ausbau transeuropäischer Energienetze, um grenzüberschreitende Verbindungen zu stärken.
1.5 Internationale Abkommen
- Energy Charter Treaty (ECT): Schützt Investitionen im Energiesektor und regelt den Transit von Strom über Staatsgrenzen.
2. Rechte und Pflichten von Stromversorgern und Netzbetreibern
2.1 Rechte
- Netzentgelte: Netzbetreiber dürfen Entgelte für die Nutzung ihrer Netze erheben, die von der Bundesnetzagentur genehmigt werden.
- Vergütungen: Stromversorger haben Anspruch auf Vergütungen nach EEG und KWKG, wenn sie erneuerbaren Strom oder KWK-Strom einspeisen.
- Zugang zu Förderprogrammen: Energieunternehmen können Fördermittel für Netzausbau und Modernisierung beantragen.
2.2 Pflichten
- Diskriminierungsfreier Zugang: Netzbetreiber müssen allen Marktteilnehmern gleiche Bedingungen bieten (§ 20 EnWG).
- Versorgungspflicht: Stromversorger müssen ihre Kunden zuverlässig und zu angemessenen Preisen versorgen (§ 36 EnWG).
- Regelenergie: Netzbetreiber müssen ausreichend Regelenergie bereitstellen, um Netzstabilität zu gewährleisten.
- Transparenz: Netzbetreiber sind verpflichtet, Informationen über Netzkapazitäten und Netzentgelte offenzulegen.
2.3 Haftungsrecht
- Haftung bei Netzstörungen: Netzbetreiber haften für Schäden durch Unterbrechungen oder Störungen der Stromversorgung, es sei denn, diese wurden durch höhere Gewalt verursacht (§ 18 EnWG).
- Haftung der Versorger: Stromversorger haften für Schäden, die aus der Lieferung fehlerhaften Stroms resultieren, z. B. Spannungsschwankungen, sofern sie dies zu vertreten haben.
3. Typische Verträge im Bereich Stromversorger und -netze
3.1 Stromlieferverträge
- Inhalt: Regelung von Liefermengen, Preisen, Laufzeiten und Vertragsklauseln zu Unterbrechungen.
- Besonderheiten: Preisgleitklauseln zur Anpassung an Marktbedingungen, Haftungsregelungen bei Nichtlieferung.
3.2 Netznutzungsverträge
- Inhalt: Vereinbarungen über den Zugang und die Nutzung von Stromnetzen durch Lieferanten oder Erzeuger.
- Pflichten: Zahlung von Netzentgelten und Einhaltung technischer Anforderungen.
3.3 Einspeiseverträge
- Inhalt: Verträge zwischen Netzbetreibern und Betreibern erneuerbarer Energieanlagen zur Einspeisung von Strom.
- Besonderheit: Vergütung nach den Vorgaben des EEG oder KWKG.
3.4 Netzanschlussverträge
- Inhalt: Verpflichtung des Netzbetreibers, einen Anschluss an das Stromnetz bereitzustellen.
- Besonderheit: Regelung von Anschlusskosten und technischen Standards.
4. Wichtige Urteile im Bereich Stromversorger und -netze
4.1 BGH, Urteil vom 25.01.2018, Az. EnZR 48/17
- Sachverhalt: Streit über die Zulässigkeit von Netzentgelten.
- Entscheidung: Netzbetreiber dürfen keine überhöhten Netzentgelte erheben; Genehmigungen der Bundesnetzagentur sind verbindlich.
4.2 EuGH, Urteil vom 21.09.2017, Az. C-215/16
- Sachverhalt: Nutzung der Opal-Pipeline durch Gazprom.
- Entscheidung: Diskriminierungsfreier Zugang muss auch für Drittstaatenakteure gelten.
4.3 BGH, Urteil vom 07.02.2012, Az. VIII ZR 152/11
- Sachverhalt: Unterbrechung der Stromversorgung wegen Zahlungsausfalls.
- Entscheidung: Stromversorger dürfen die Lieferung einstellen, wenn der Kunde trotz Mahnung nicht zahlt.
5. Europäische und internationale Aspekte
5.1 Europäische Ebene
- Harmonisierung der Marktregeln: Die EU-Verordnung 2019/943 fördert den grenzüberschreitenden Handel und setzt Standards für Kapazitätsmechanismen.
- TEN-E-Verordnung: Fördert den Ausbau von Netzen, insbesondere grenzüberschreitender Verbindungen wie der NordLink-Stromtrasse zwischen Deutschland und Norwegen.
5.2 Internationale Ebene
- Energy Charter Treaty (ECT): Garantiert Investitionsschutz für deutsche Unternehmen im Ausland und regelt Transitrechte.
6. Rolle von uns Energierechtlern
Beratungsmöglichkeiten
- Vertragsgestaltung: Erstellung und Prüfung von Stromliefer-, Netznutzungs- und Einspeiseverträgen.
- Regulatorische Beratung: Unterstützung bei Netzentgelten, Genehmigungsverfahren und Compliance.
- Vertretung in Streitigkeiten: Rechtliche Vertretung vor nationalen Gerichten, Schiedsgerichten und Regulierungsbehörden.
- Klimaschutzprojekte: Beratung bei der Integration von erneuerbaren Energien und neuen Technologien wie Wasserstoff.
- Internationale Beratung: Unterstützung bei grenzüberschreitenden Projekten und Investitionen im Ausland.
Das Recht der Stromversorger und -netze ist hochreguliert und erfordert umfassende rechtliche Expertise, um die Rechte und Pflichten der Akteure zu wahren, Haftungsrisiken zu minimieren und regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Als Energierechtler unterstützen wir Unternehmen dabei, rechtssichere und wirtschaftlich tragfähige Lösungen zu entwickeln.