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Engineering, Procurement, and Construction (EPC)-Vertrag

Ein Engineering, Procurement, and Construction (EPC)-Vertrag ist ein schlüsselfertiger Vertrag, bei dem der Auftragnehmer die Planung, Beschaffung und Errichtung einer Anlage übernimmt und dem Auftraggeber eine funktionsfähige Anlage übergibt. EPC-Verträge finden vor allem im Energiebereich Anwendung, etwa bei Windparks, PV-Anlagen, Biogasanlagen und Speicherkraftwerken.


Mustervertrag EPC

1. Präambel

Dieser Vertrag wird geschlossen zwischen:

  1. Auftraggeber (AG):
    XYZ Renewables GmbH, Musterstraße 1, 12345 Musterstadt
    Vertreten durch den Geschäftsführer, Max Mustermann.
  2. Auftragnehmer (AN):
    ABC EPC Solutions AG, Energieallee 10, 54321 Energiehausen
    Vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden, Lisa Beispiel.

Zweck des Vertrags:
Der AN verpflichtet sich, eine schlüsselfertige Energieerzeugungsanlage zu planen, zu beschaffen und zu errichten, die den technischen Anforderungen und gesetzlichen Vorgaben entspricht.


2. Vertragsgegenstand

  1. Der AN übernimmt:
    • Die technische Planung der Anlage.
    • Die Beschaffung aller erforderlichen Komponenten und Materialien.
    • Die Errichtung der Anlage einschließlich Bauleitung und Inbetriebnahme.
  2. Der AG verpflichtet sich:
    • Die erforderlichen Genehmigungen und den Zugang zum Baugrund bereitzustellen.
    • Die vereinbarte Vergütung gemäß den Zahlungsbedingungen zu leisten.

Alternative Klauseln:

  • Option A (Erweiterter Leistungsumfang): Der AN übernimmt zusätzlich Wartungs- und Betriebspflichten für die ersten zwei Jahre nach Inbetriebnahme.
  • Option B (Begrenzter Leistungsumfang): Der AG stellt bestimmte Materialien oder Dienstleistungen bereit (z. B. Erdarbeiten).

3. Vertragslaufzeit und Meilensteine

  1. Vertragslaufzeit:
    • Der Vertrag tritt am 01.01.2025 in Kraft und endet mit der erfolgreichen Abnahme der Anlage.
  2. Meilensteine:
    • Abschluss der Planung: 30.03.2025.
    • Abschluss der Beschaffung: 30.06.2025.
    • Fertigstellung der Errichtung: 30.09.2025.
    • Inbetriebnahme: 31.10.2025.

Alternative Klauseln:

  • Option A (Flexibilität bei Meilensteinen): Der AN kann Meilensteine um bis zu 30 Tage verschieben, wenn dies schriftlich mit dem AG abgestimmt wird.
  • Option B (Vertragsstrafe bei Verzögerungen): Für jeden Kalendertag der Verzögerung wird eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,1 % des Vertragswerts fällig.

4. Vergütung und Zahlungsbedingungen

  1. Vergütung:
    • Der AG zahlt dem AN eine Pauschalvergütung in Höhe von 10 Mio. €.
    • Die Vergütung umfasst alle Leistungen des AN, einschließlich Materialkosten, Arbeitskosten und Nebenkosten.
  2. Zahlungsbedingungen:
    • 30 % bei Vertragsunterzeichnung.
    • 40 % nach Abschluss der Beschaffung.
    • 30 % nach erfolgreicher Inbetriebnahme.

Alternative Klauseln:

  • Option A (Abschlagszahlungen): Zahlungen erfolgen auf Grundlage monatlicher Abschlagsrechnungen basierend auf dem Baufortschritt.
  • Option B (Erfolgsabhängige Vergütung): Der AN erhält eine Erfolgsprämie, wenn die Anlage eine vereinbarte Leistung übertrifft.

5. Technische Anforderungen

  1. Planungsanforderungen:
    • Der AN erstellt die technischen Pläne und Genehmigungsunterlagen gemäß den geltenden Normen (z. B. DIN, VDE).
  2. Bauausführung:
    • Die Anlage muss den technischen Anschlussbedingungen des Netzbetreibers (TAB) und den Anforderungen des EEG entsprechen.
  3. Inbetriebnahme:
    • Die Inbetriebnahme erfolgt nach erfolgreicher Durchführung aller Funktionstests.

Alternative Klauseln:

  • Option A (Garantierte Leistung): Der AN garantiert eine Mindestleistung der Anlage (z. B. 95 % der Nennleistung).
  • Option B (Flexible Anforderungen): Der AG kann während der Bauphase Änderungen an den Spezifikationen vornehmen, sofern diese die Fertigstellung nicht verzögern.

6. Abnahme und Gewährleistung

  1. Abnahme:
    • Der AG führt innerhalb von 30 Tagen nach Inbetriebnahme eine technische Abnahme durch.
    • Die Abnahme gilt als erfolgt, wenn keine wesentlichen Mängel festgestellt werden.
  2. Gewährleistung:
    • Der AN garantiert die Mängelfreiheit der Anlage für 24 Monate nach Abnahme.
    • Verlängerte Gewährleistung für spezifische Komponenten (z. B. 10 Jahre für PV-Module).

Alternative Klauseln:

  • Option A (Verlängerte Gewährleistung): Die Gewährleistung für die gesamte Anlage beträgt 5 Jahre.
  • Option B (Betriebsunterstützung): Der AN stellt während der ersten zwei Jahre nach Abnahme kostenloses Personal für Betrieb und Wartung bereit.

7. Haftung

  1. Haftung des Auftragnehmers:
    • Der AN haftet für direkte Schäden bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des Vertragswerts.
    • Ausschluss von Haftung für indirekte Schäden und entgangene Gewinne.
  2. Haftung des Auftraggebers:
    • Der AG haftet für Verzögerungen oder Mehrkosten, die durch unvollständige Genehmigungen oder unzureichende Baugrundbereitstellung entstehen.

Alternative Klauseln:

  • Option A (Unbegrenzte Haftung): Der AN haftet uneingeschränkt für Schäden durch grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz.
  • Option B (Force Majeure): Haftungsausschluss bei höherer Gewalt (z. B. Naturkatastrophen).

8. Streitbeilegung

  1. Mediation und Schiedsverfahren:
    • Streitigkeiten werden zunächst durch Mediation gelöst. Falls keine Einigung erzielt wird, erfolgt ein Schiedsverfahren nach den Regeln der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS).
  2. Gerichtsstand:
    • Der Gerichtsstand ist der Sitz des Auftraggebers.

Alternative Klauseln:

  • Option A (Schiedsgericht in neutraler Jurisdiktion): Das Schiedsverfahren wird in Zürich nach den ICC-Regeln durchgeführt.
  • Option B (Ausschließlich Gerichtsverfahren): Streitigkeiten werden durch die ordentlichen Gerichte entschieden.

Vertragsalternativen

  1. Split-EPC-Vertrag:
    • Der Vertrag wird in separate Verträge für Planung, Beschaffung und Errichtung aufgeteilt.
    • Vorteil: Flexibilität bei der Auswahl der Dienstleister.
    • Nachteil: Höhere Koordinationsaufwände.
  2. EPCM-Vertrag (Engineering, Procurement, and Construction Management):
    • Der AN übernimmt nur das Management der Planung, Beschaffung und Errichtung. Die tatsächlichen Arbeiten werden von Subunternehmern ausgeführt.
    • Vorteil: Reduzierte Kosten für den Auftraggeber.
    • Nachteil: Höhere Haftungsrisiken für den Auftraggeber.
  3. Turnkey-Vertrag:
    • Der AN liefert eine vollständig betriebsbereite Anlage („Schlüsselfertiges Projekt“).
    • Vorteil: Minimierung der Risiken für den AG.
    • Nachteil: Höhere Kosten für den AN.

Insgeamt

EPC-Verträge sind essenziell für komplexe Energieprojekte und erfordern eine sorgfältige Vertragsgestaltung, die technische, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt. Energierechtler spielen eine Schlüsselrolle bei der Ausarbeitung maßgeschneiderter Verträge, der Minimierung rechtlicher Risiken und der Absicherung von Projekterfolgen.