Das Stromrecht in Deutschland regelt alle rechtlichen Aspekte der Stromerzeugung, -verteilung, -nutzung und -entsorgung. Ziel ist es, eine sichere, umweltfreundliche und wettbewerbsorientierte Stromversorgung zu gewährleisten. Die zentralen Stromgesetze in Deutschland sind eng mit den Zielen der Energiewende und den europäischen Vorgaben verknüpft. Nachfolgend werden die wichtigsten Stromgesetze umfassend analysiert, einschließlich ihrer Regelungsbereiche und Auswirkungen.
1. Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
1.1 Bedeutung und Ziel
- Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) bildet die Grundlage für die Stromversorgung in Deutschland.
- Ziel: Förderung eines diskriminierungsfreien Wettbewerbs und Sicherstellung der Stromversorgung.
1.2 Inhalte
- Netzzugang und Netznutzung (§§ 20–23 EnWG):
- Diskriminierungsfreier Zugang zu Stromnetzen.
- Vorgaben zur Berechnung und Genehmigung der Netzentgelte.
- Entflechtung (§§ 6–7a EnWG):
- Trennung von Erzeugung, Netzbetrieb und Vertrieb (Unbundling).
- Versorgungssicherheit (§§ 12–14 EnWG):
- Verpflichtung der Netzbetreiber zur Sicherstellung einer stabilen Stromversorgung.
- Aufgaben der Bundesnetzagentur (§§ 54–59 EnWG):
- Überwachung der Marktregeln und Genehmigung von Netzentgelten.
2. Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
2.1 Bedeutung und Ziel
- Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist das zentrale Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung.
- Ziel: Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromversorgung.
2.2 Inhalte
- Einspeisevorrang (§ 8 EEG):
- Strom aus erneuerbaren Energien hat Vorrang bei der Einspeisung ins Netz.
- Marktprämienmodell (§§ 19–22 EEG):
- Förderung der Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien.
- Ausschreibungen (§§ 28–38 EEG):
- Förderung größerer Projekte erfolgt über wettbewerbliche Ausschreibungsverfahren.
- Besondere Ausgleichsregelung (§§ 63–69 EEG):
- Entlastung energieintensiver Unternehmen von der EEG-Umlage.
3. Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG)
3.1 Bedeutung und Ziel
- Das KWKG fördert die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme.
- Ziel: Steigerung der Energieeffizienz und Reduktion der CO₂-Emissionen.
3.2 Inhalte
- Zuschläge für KWK-Strom (§§ 4–7 KWKG):
- Förderung von KWK-Anlagen, die Strom und nutzbare Wärme erzeugen.
- Förderung von Wärmenetzen und Speichern (§§ 18–19 KWKG):
- Unterstützung des Ausbaus von Infrastruktur zur Verteilung und Speicherung von KWK-Wärme.
4. Stromsteuergesetz (StromStG)
4.1 Bedeutung und Ziel
- Regelt die Besteuerung von Strom, der aus dem Versorgungsnetz entnommen wird.
- Ziel: Einnahmegenerierung und Förderung erneuerbarer Energien.
4.2 Inhalte
- Besteuerung (§§ 1, 3 StromStG):
- Allgemeiner Steuersatz: 2,05 Cent/kWh.
- Steuerbefreiungen für Strom aus erneuerbaren Energien und hocheffizienten KWK-Anlagen (§ 9 StromStG).
- Entlastungen (§§ 10–11 StromStG):
- Steuerermäßigungen für energieintensive Unternehmen.
5. Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (StromNEV)
5.1 Bedeutung und Ziel
- Regelt die Netzentgelte für den Zugang zu Stromnetzen.
- Ziel: Sicherstellung eines transparenten und diskriminierungsfreien Zugangs.
5.2 Inhalte
- Berechnung der Netzentgelte (§§ 3–8 StromNEV):
- Vorgaben zur Berechnung der Kosten für den Netzbetrieb.
- Genehmigung der Netzentgelte (§ 23 StromNEV):
- Überwachung durch die Bundesnetzagentur.
6. Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG)
6.1 Bedeutung und Ziel
- Regelt den Ausbau und Betrieb von Offshore-Windparks.
- Ziel: Förderung der Offshore-Windenergie zur Erreichung der Klimaziele.
6.2 Inhalte
- Ausschreibungsverfahren (§§ 9–12 WindSeeG):
- Vergabe von Projekten durch wettbewerbliche Verfahren.
- Netzanbindung (§ 16 WindSeeG):
- Regelungen zur Anbindung von Offshore-Windparks an das Stromnetz.
7. Gebäudeenergiegesetz (GEG)
7.1 Bedeutung und Ziel
- Regelt die energetischen Anforderungen an Gebäude und die Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäudesektor.
7.2 Inhalte
- Primärenergiebedarf (§ 10 GEG):
- Vorgaben zur Begrenzung des Energieverbrauchs von Neubauten und Sanierungen.
- Energieausweise (§§ 79–88 GEG):
- Verpflichtung zur Erstellung von Energieausweisen.
8. Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG)
8.1 Bedeutung und Ziel
- Regelt den schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens 2038.
8.2 Inhalte
- Stilllegung von Kohlekraftwerken (§§ 3–7 KVBG):
- Vorgaben für die schrittweise Abschaltung von Kraftwerken.
- Entschädigungen (§§ 10–13 KVBG):
- Finanzielle Unterstützung für Betreiber stillgelegter Kraftwerke.
9. Netzbetrieb und Regulierungsverordnungen
9.1 Gasnetzentgeltverordnung (GasNEV)
- Regelt die Netzentgelte im Gasbereich und deren Zusammenspiel mit dem Stromnetz.
9.2 Messstellenbetriebsgesetz (MsbG)
- Regelt den Einbau und Betrieb von intelligenten Messsystemen (Smart Meter) im Stromnetz.
10. Europäische Vorgaben
Die deutschen Stromgesetze basieren auf zahlreichen europäischen Richtlinien und Verordnungen:
- Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (2019/944):
- Harmonisierung der Marktregeln und Förderung des Wettbewerbs.
- RED II (2018/2001/EU):
- Förderung erneuerbarer Energien.
- EU-Verordnung 2019/943:
- Regeln für die Netzstabilität und den grenzüberschreitenden Stromhandel.
11. Herausforderungen und zukünftige Entwicklungen
11.1 Integration erneuerbarer Energien
- Ausbau der Stromnetze, um die Einspeisung erneuerbarer Energien zu bewältigen.
11.2 Digitalisierung
- Einführung von Smart Grids und intelligenten Messsystemen zur besseren Steuerung des Stromverbrauchs.
11.3 Wasserstoff
- Integration von Wasserstofftechnologien in das Stromsystem.
11.4 Klimaneutralität
- Umsetzung der Klimaziele durch weitere Reformen, z. B. der Energiesteuerrichtlinie auf EU-Ebene.