Die genannten Mechanismen sind essenzielle Bausteine der deutschen und europäischen Energiepolitik, um energieintensive Unternehmen zu entlasten, die Energieeffizienz zu fördern und Verbraucher in Krisensituationen wie der aktuellen Energiepreiskrise zu schützen.
1. Besondere Ausgleichsregelung (BesAR)
1.1 Vertiefung der rechtlichen Grundlagen
- Gesetzliche Verankerung:
- §§ 63–69 EEG regeln die Besondere Ausgleichsregelung, mit der stromkostenintensive Unternehmen von der EEG-Umlage entlastet werden können.
- Ziel: Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Industrien sichern, insbesondere in internationalen Märkten (Carbon Leakage vermeiden).
- EU-Beihilferecht:
- BesAR gilt als staatliche Beihilfe und muss mit Art. 107 AEUV (Beihilferecht) vereinbar sein.
- EU-Kommission hat spezifische Leitlinien für energieintensive Unternehmen vorgegeben, um Wettbewerbsverzerrungen zu minimieren.
1.2 Anwendungsfragen und Herausforderungen
- Nachweis stromkostenintensiver Branchen:
- Unternehmen müssen durch Wirtschaftsprüfer die Branchenzugehörigkeit und die Energieintensität belegen (Bruttowertschöpfung, Stromkostenrelation).
- Hürden durch Nachweispflichten:
- Nachweise zu Energiemanagementsystemen (ISO 50001 oder EMAS) stellen insbesondere kleine Unternehmen vor Herausforderungen.
- Widersprüchliche Ergebnisse bei der Ermittlung der Energieintensität führen häufig zu Streitigkeiten mit der BAFA.
1.3 Rechtsstreitigkeiten
- EuGH, Urteil vom 28. März 2019 (C-405/16):
- Die BesAR wurde als vereinbar mit den EU-Beihilfevorschriften anerkannt, sofern die Entlastung zielgerichtet auf energieintensive Unternehmen beschränkt bleibt.
- Verwaltungsverfahren vor der BAFA:
- Häufige Streitpunkte sind fehlerhafte Berechnungen oder verspätete Antragstellungen, die zu Ablehnungen führen.
2. BEHV (BEHV-Entlastungsverordnung)
2.1 Vertiefung des rechtlichen Rahmens
- Rechtsgrundlage:
- Die BEHV ist eine Verordnung zur Umsetzung der Energiepreisbremsen, die im Energiepreisbremsengesetz (EnergiePBG) verankert sind.
- Sie ergänzt die allgemeinen Entlastungsregelungen für Verbraucher und Unternehmen durch spezifische Mechanismen für Gas- und Strompreise.
- Rechtlicher Hintergrund:
- Grundlage ist die EU-Verordnung 2022/1854 über Notfallmaßnahmen zur Senkung hoher Energiepreise.
- Die BEHV wurde durch die Bundesregierung eingeführt, um den hohen Energiepreisen infolge der geopolitischen Krise zu begegnen.
2.2 Praktische Umsetzung
- Deckelung der Energiepreise:
- Strom: 40 ct/kWh für Haushalte, 13 ct/kWh für Unternehmen mit einem Verbrauch >1,5 GWh.
- Gas: 12 ct/kWh für Haushalte und kleine Unternehmen, 7 ct/kWh für Großverbraucher.
- Entlastungsobergrenzen:
- Private Haushalte: Keine Obergrenzen.
- Unternehmen: Entlastung bis maximal 4 Millionen € pro Jahr (EU-Beihilfevorgaben).
2.3 Herausforderungen
- Meldung des Verbrauchs:
- Unternehmen müssen Verbrauchsdaten korrekt an ihre Energieversorger melden, um die Entlastung zu erhalten.
- Rechtsunsicherheiten:
- Unklarheiten bei der Abgrenzung der Verbrauchsmengen (z. B. gemischte Nutzungen bei Gewerbe und Wohnraum).
3. SPK (Strompreiskompensation)
3.1 Zielsetzung und rechtlicher Rahmen
- Zweck der SPK:
- Entlastung stromintensiver Unternehmen von indirekten CO₂-Kosten, die im Rahmen des EU-Emissionshandels (EU-ETS) entstehen.
- Ziel: Vermeidung von Carbon Leakage.
- Rechtsgrundlage:
- National: § 55 EnergieStG und § 102 EnWG.
- EU: Leitlinien der EU-Kommission für Beihilfen zur Vermeidung von Carbon Leakage (2021–2030).
3.2 Anforderungen an die Unternehmen
- Zulässigkeit der Förderung:
- Unternehmen aus betroffenen Branchen (z. B. Aluminium, Stahl, Chemie) können Förderanträge stellen.
- Pflichten zur Energieeffizienz:
- Nachweis der Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen als Voraussetzung für die Förderung.
3.3 Herausforderungen und Kritik
- Verzögerungen bei der Auszahlung:
- Unternehmen berichten regelmäßig über Verzögerungen bei der Bewilligung und Auszahlung.
- Transparenzanforderungen:
- Die EU fordert eine strengere Kontrolle der Verwendung der Kompensationszahlungen.
4. EKPD (Energieeffizienzgesetz und Klimaschutzplan Deutschland)
4.1 Zielsetzung
- Verbesserung der Energieeffizienz in Unternehmen, Gebäuden und der Industrie zur Erreichung der Klimaziele des Bundes (Klimaschutzgesetz).
4.2 Rechtlicher Rahmen
- Energieeffizienzgesetz (EnEffG):
- Verpflichtung großer Unternehmen zu regelmäßigen Energieaudits (§ 8 EDL-G).
- Einführung von Förderprogrammen für innovative Technologien.
- Klimaschutzplan 2050:
- Sektorziele für die Energieeffizienz:
- Industrie: Reduktion der CO₂-Emissionen um 50 % bis 2030.
- Gebäude: Reduktion um 66 % bis 2030.
- Sektorziele für die Energieeffizienz:
4.3 Herausforderungen
- Einhaltung der Audits:
- Viele Unternehmen berichten über hohe bürokratische Hürden bei der Einführung von Energiemanagementsystemen.
- Förderung energieeffizienter Maßnahmen:
- Kritik an der geringen Attraktivität bestimmter Förderprogramme.
5. Preisbremsen
5.1 Vertiefte Umsetzung
- Rechtsgrundlage:
- Energiepreisbremsengesetz (EnergiePBG) in Verbindung mit EU-Notverordnungen.
- Mechanismen:
- Deckelung der Preise für Haushalte und Unternehmen.
- Überwälzung der Kosten auf die Stromversorger und Netzbetreiber.
5.2 Herausforderungen
- Praktische Umsetzung:
- Versorgungssicherheit muss trotz Preisbremsen gewährleistet werden.
- EU-rechtliche Bedenken:
- Potentielle Verstöße gegen EU-Wettbewerbsrecht durch Marktverzerrungen.
6. Energie- und Stromsteuer
6.1 Steuerbefreiungen und Ermäßigungen
- Stromsteuerfrei:
- Eigenverbrauch (§ 9 StromStG).
- Energiesteuerfrei:
- Nutzung in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (§ 25 EnergieStG).
6.2 Herausforderungen
- Komplexität der Meldepflichten:
- Insbesondere kleine Unternehmen haben Schwierigkeiten, die Steuerbefreiungen korrekt zu beantragen.
- Regelmäßige Anpassungen der Steuersätze:
- Unsicherheiten bei der Planung langfristiger Projekte.
Insgesamt
Die rechtlichen Regelungen zur BesAR, BEHV, SPK, EKPD, Preisbremsen sowie Energie- und Stromsteuer sind hochkomplex und für Unternehmen von essenzieller Bedeutung. Sie bieten zahlreiche Entlastungsmöglichkeiten, stellen jedoch hohe Anforderungen an Nachweise, Meldepflichten und Dokumentationen. Energierechtliche Expertise ist unerlässlich, um die wirtschaftlichen Vorteile der Instrumente zu nutzen und rechtliche Risiken zu minimieren.