Repowering bezeichnet den Ersatz alter Windenergieanlagen (WEA) durch neue, leistungsstärkere Anlagen am gleichen Standort oder in dessen Nähe. Ziel ist es, die Effizienz und Stromproduktion zu erhöhen, ohne zusätzlichen Flächenverbrauch. Das Repowering unterliegt einem komplexen rechtlichen Rahmen, der sowohl nationale als auch europäische Regelungen umfasst.
1. Definition und Zielsetzung
1.1 Was ist Repowering?
- Definition: Austausch älterer Windenergieanlagen (in der Regel nach 20–25 Jahren Betriebszeit) durch modernere, leistungsstärkere Anlagen.
- Beispiele:
- Erhöhung der Nabenhöhe.
- Vergrößerung der Rotoren.
- Verbesserung der technischen Effizienz.
1.2 Zielsetzung
- Effizienzsteigerung:
- Erhöhung der Energieproduktion durch neue Technologien.
- Reduzierung der Anlagenzahl bei gleichzeitiger Steigerung der Stromproduktion.
- Flächeneffizienz:
- Nutzung bestehender Standorte statt neuer Flächenerschließungen.
- Klimaschutz:
- Beitrag zur Erreichung der Klimaziele und Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien.
2. Rechtlicher Rahmen für Repowering
2.1 Nationale Vorschriften
- Baugesetzbuch (BauGB):
- Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB:
- Windenergieanlagen im Außenbereich sind privilegierte Bauvorhaben, sofern sie die öffentliche Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien fördern.
- Abweichung vom ursprünglichen Bebauungsplan:
- Bei wesentlichen Änderungen (z. B. Nabenhöhe, Rotorblattlänge) ist ein neuer Bebauungsplan oder eine Anpassung erforderlich.
- Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB:
- Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG):
- Förderung von Repowering-Projekten:
- Anlagen, die durch Repowering ersetzt werden, können weiterhin von EEG-Förderungen profitieren.
- Voraussetzung: Abbau von mindestens einer alten Anlage pro neuer Anlage und keine signifikante Erhöhung der Anlagenzahl (§ 22b EEG).
- Netzanschluss und Einspeisevergütung:
- Die neuen Anlagen haben Anspruch auf Netzanschluss und Einspeisevergütung bzw. Marktprämien gemäß EEG.
- Förderung von Repowering-Projekten:
- Immissionsschutzrecht (BImSchG):
- Genehmigungspflicht nach § 16 BImSchG:
- Repowering-Vorhaben gelten als wesentliche Änderung und erfordern eine neue immissionsschutzrechtliche Genehmigung.
- Prüfung von Lärm-, Schatten- und Naturschutzbelangen.
- Genehmigungspflicht nach § 16 BImSchG:
- Naturschutzrecht (BNatSchG):
- Eingriffsregelung (§ 13 BNatSchG):
- Repowering-Projekte müssen Eingriffe in Natur und Landschaft minimieren und ausgleichen.
- Artenschutz (§ 44 BNatSchG):
- Besondere Prüfung von Auswirkungen auf geschützte Arten (z. B. Vögel, Fledermäuse).
- Eingriffsregelung (§ 13 BNatSchG):
- Technische Regelwerke:
- Anforderungen an Sicherheit, Statik und Betrieb der neuen Anlagen (DIN, IEC-Normen).
2.2 Europäische Regelungen
- Renewable Energy Directive II (RED II):
- Fördert die Nutzung erneuerbarer Energien und gibt Ziele für den Ausbau vor.
- Mitgliedstaaten sollen Genehmigungsverfahren für Repowering-Projekte vereinfachen.
- Habitatrichtlinie (92/43/EWG):
- Schutz von Natura-2000-Gebieten und geschützten Arten.
- Repowering-Projekte in Natura-2000-Gebieten erfordern eine Verträglichkeitsprüfung.
- EU-Beihilferecht:
- Förderungen für Repowering-Projekte müssen mit den EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen vereinbar sein (Art. 107 AEUV).
2.3 Landesrechtliche Regelungen
- Viele Bundesländer haben spezifische Vorgaben für Repowering-Projekte, z. B. zur Abstandsregelung, Höhenbegrenzung oder Zonierung.
- Beispiel: Schleswig-Holstein gewährt für Repowering-Projekte zusätzliche Flächen innerhalb ausgewiesener Vorranggebiete.
3. Genehmigungsverfahren für Repowering
3.1 Immissionsschutzrechtliches Verfahren (§ 16 BImSchG)
- Prüfungsumfang:
- Neue Genehmigung erforderlich bei:
- Änderung der Anlagenhöhe.
- Änderung der Anlagenanzahl.
- Änderung der Standortpositionen.
- Neue Genehmigung erforderlich bei:
- Prüfungsschwerpunkte:
- Lärm: Einhaltung der TA Lärm (Technische Anleitung Lärm).
- Schattenwurf: Berechnung und Minimierung des Schattenwurfs auf benachbarte Gebäude.
- Abstände: Einhaltung von Abstandsregelungen zu Wohngebäuden.
3.2 Bauplanungsrechtliches Verfahren
- Anpassung des Flächennutzungsplans:
- Falls die neue Anlage außerhalb der bestehenden Baupläne liegt, ist eine Änderung des Flächennutzungsplans notwendig.
- Eingriffsregelung:
- Ausgleichsmaßnahmen, z. B. Aufforstung oder Renaturierung, sind häufig erforderlich.
3.3 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
- Repowering-Projekte unterliegen der UVP-Pflicht, wenn:
- Die Anlagen eine Höhe von mehr als 50 m haben.
- Eine signifikante Erhöhung der Kapazität erfolgt.
- Die Anlagen in ökologisch sensiblen Gebieten liegen.
4. Rechtliche Herausforderungen
4.1 Konflikte mit Abstandsregelungen
- Neue Anlagen haben größere Dimensionen, wodurch Abstandsregelungen zu Wohnbebauungen oder Verkehrswegen häufig nicht mehr eingehalten werden können.
- Bundesländer setzen teilweise starre Abstandsregelungen (z. B. 10H-Regelung in Bayern).
4.2 Naturschutzkonflikte
- Artenschutz: Höhere Anlagen und größere Rotoren erhöhen das Risiko für Kollisionen mit Vögeln und Fledermäusen.
- Landschaftsschutz: Repowering kann zu Konflikten mit Landschaftsschutzgebieten führen.
4.3 Bürgerakzeptanz
- Größere und sichtbare Anlagen stoßen häufig auf Widerstand in der Bevölkerung.
- Notwendigkeit von Beteiligungsverfahren zur Steigerung der Akzeptanz.
5. Fördermöglichkeiten für Repowering
- EEG-Förderung (§ 22b EEG):
- Voraussetzung: Austausch alter Anlagen gegen leistungsstärkere neue Anlagen.
- Förderung erfolgt als Marktprämie oder Einspeisevergütung.
- KfW-Programme:
- Finanzierung von Repowering-Projekten durch zinsgünstige Kredite (z. B. KfW-Programm 270).
- EU-Förderungen:
- Zuschüsse im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).
6. Handlungsempfehlungen
- Frühzeitige Prüfung der Genehmigungsfähigkeit:
- Vorabklärung der bau- und immissionsschutzrechtlichen Voraussetzungen.
- Prüfung potenzieller Konflikte mit Abstands- und Naturschutzregelungen.
- Umfassende Umweltprüfung:
- Durchführung von Vorprüfungen zur UVP.
- Erstellung von Artenschutzgutachten.
- Kommunikation und Akzeptanzförderung:
- Einbindung der Öffentlichkeit in den Planungsprozess.
- Transparente Information über Vorteile des Repowerings.
- Optimierung der Projektfinanzierung:
- Nutzung aller Fördermöglichkeiten auf Bundes- und EU-Ebene.
Fazit
Repowering bietet erhebliche Vorteile für die Energiewende, ist jedoch rechtlich anspruchsvoll. Eine präzise Planung, die Einhaltung komplexer Genehmigungsverfahren und die Berücksichtigung von Naturschutz- und Abstandsregelungen sind unerlässlich. Energierechtliche Expertise ist entscheidend, um Projekte rechtssicher und effizient umzusetzen.